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Intro
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Freak Out: Alternative Discos zwischen Harz und Heide |
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Ende der 1970er Jahre. Während die einen die Glitzer-Discos
bevölkern und paarweise zu Abba- oder Baccara-Songs Tanzschritte abzählen, suchen andere
Jugendliche ihre kulturelle Identität in eigenen Zirkeln: Als Echo der
Veränderungen seit 1968 definieren sie ihre alternative Lebenseinstellung auch in ihrem
Musikgeschmack und ihren Klamotten jenseits der Modetrends.
In alten Kinosälen oder nicht mehr rentablen Kneipen, in Stadt und Land etablieren sich
Discos abseits des Mainstream.
Ihr Ambiente ist lässig bis düster, psychedelisch bis Patina-angehaucht.
Alte Sofas laden zum Herumlümmeln ein, wenn man nicht gerade tanzt. Und das tut Frau /
Mann hier vorzugsweise allein, die langen Haare im Rhythmus der Musik schüttelnd.
Von AC/DC bis Zappa, von Dave Brubeck bis Weather Report, von Bob Marley bis XTC perlen
Rock, Jazz, Raggae oder New Wave aus den Lautsprecherboxen.
Jeans und Parka, lange Pullover oder Latzhosen, Clogs oder Boots definieren ein
Zusammengehörigkeitsgefühl wie alte VW-Käfer, Citroen-Enten oder Renault 4.
Auf ihnen prangen oft Aufkleber wie Atomkraft Nein Danke! oder das
politische Symbol der neuen Grünen Partei.
Man(n) und Frau macht sich Sorgen um die Umwelt, Arbeitslosigkeit ist noch kein
vorrangiges Thema und das Wort Globalisierung so fremd, wie CD noch eine Seife und kein
Tonträger ist. |
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Die materiellen Ansprüche sind gering und Geld eher Nebensache.
Man campt in Jugoslawien oder Griechenland. Einzelne folgen den Spuren der Beatles bis
Goa.
Und die Musik schafft einen gemeinsamen, alternativen Soundtrack unseres Lebens.
Wenn man so etwas in der Erinnerung abruft, so können es natürlich nur klischeehafte
Szene-Beschreibungen sein.
Unter dem Strich war es nach meiner subjektiven Erfahrung eine sanfte, eine
relativ tolerante Zeit. Jede/jeder konnte in der Clique ihr/sein Ding machen
und der Gruppenzwang war eher gering. Wer auch Abba hören wollte, tat es. Wer nicht
mitkiffen wollte, der ließ es halt bleiben und wurde trotzdem nicht ausgeschlossen.
Sicherlich war es nicht überall so locker.
Rockmusik und Kleidung eigneten sich jedenfalls noch prima zur Abgrenzung von den Eltern
und Autoritäten. Diese eigene kulturelle Identität sucht sicherlich jede
Jugend-Generation aufs Neue. Doch der Kontrast zwischen oft noch autoritär erzogenen
Erwachsenen und einer Jugend, die im Stile der 1968er große Freiräume und
Alternativen suchte, war größer als heute.
Mittlerweile ist mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen. Mit zeitlichem Abstand kann
man die Dinge klarer sehen und bewerten, so als wenn man eine alte Flasche Wein aus
dem Keller holt. Vieles hat sich seitdem verändert: Die Welt und wir selbst.
Geblieben ist die Erinnerung an durchtanzte und durchdiskutierte Nächte, an die
aufregende Entdeckung von Liebe und Freundschaft, an Illusionen und Träume.
Also das, was jede Generation auf ihre Art und Weise, in ihrem Zeitgeist sucht und (mehr
oder weniger) findet.
Was im Jetzt und Heute, was in der Realität davon geblieben oder verwirklicht werden
konnte, muss ein Jeder für sich selbst entscheiden.
Auf jeden Fall war es für viele die pure Energie: Abtanzen nach freakiger Musik,
ausflippen, bewegen wie man / Frau will.
Diese Seiten sollen ein Forum werden, für all die Leute, für die dieses
Lebensgefühl ein Stück ihrer Identität war bzw. vielleicht auf eine bestimmte Art immer
noch immer ist.
Dies soll hier dokumentiert werden und vielleicht sogar ein (Wieder-?) Treffpunkt
entstehen.
Und wer möchte, der kann diese Musik auf seiner nächsten Party wiederhören (siehe
Kontaktbox)! |
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Typische Szene-Läden zwischen Harz und Heide, Hildesheim und
Helmstedt waren:
Golem in Braunschweig (Wendenstrasse), ca. 1973-1978
Panopticum in Braunschweig (Gieseler) ca. 1980-1995, heute das
Merz
Schlucklum in Lucklum am Elm, 1977-1997, heute Wegwarte
Farmers Inn in Uetze
Blubber in Salzgitter
Rockpalast in Knesebeck
Club Freedom in Celle-Altenhagen
Piano in Goslar
Bebop in Hildesheim
Mobile in Bad Salzdetfurth
Mykonos in Wolfsburg-Kästorf
Burundi Black in Braunchweig-Dibbesdorf (existiert noch heute). |
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